Haushaltsrede Bürgermeister Henrik Wengert
icon.crdate13.12.2024
Rede aus der vergangenen Gemeinderatssitzung am 3. Dezember 2024
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gemeinderäte und Kollegen der Verwaltung,
das Vorlegen eines Haushaltsplanentwurfs ist immer eine sehr spannende Angelegenheit, die allerdings auch stark von externen Faktoren abhängt, wie z. B. die Steuereinnahmen, die in den Finanzausgleich münden, die Tarifabschlüsse, die Kreisumlage und etliches mehr. Das bedeutet aber auch, dass der Gestaltungspielraum für Kommunen sukzessive immer kleiner wird, was sicherlich auch mit der Umstellung auf das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen zurückzuführen ist. Ich darf daran erinnern, dass uns das Land Baden-Württemberg dazu gezwungen hat, ohne diese Art der Haushaltsführung selbst anzuwenden.
Im Grunde habe ich heute zwei Nachrichten für Sie, eine gute und eine schlechte. Sie kennen mich, ich widme mich lieber erst den unangenehmen Dingen. Beginnen wir also mit der schlechten:
Leider können wir Ihnen für das Jahr 2025 weder einen guten, noch einen soliden Haushalt, noch einen zufriedenstellenden laufenden Haushalt vorlegen, zumal wir ein negatives ordentliches Ergebnis von 537.000 Euro zu beklagen haben.
Im laufenden Jahr 2024 stand und steht die Gemeinde Owingen finanziell vergleichsweise bei weitem nicht mehr gut, aber insgesamt betrachtet noch recht ordentlich da. Auch wenn die Prognosen für das Steueraufkommen seither sukzessive sinken. Im Jahr 2024 haben uns insbesondere die Einkünfte aus dem Gewerbesteueraufkommen in Höhe von annähernd 2,4 Mio. Euro in eine gute Ausgangssituation gebracht, obgleich es schon 800.000 Euro weniger als im Jahr 2023 waren. Dennoch haben wir im Allgemeinen durchaus Probleme, den Ergebnishaushalt auszugleichen, was im Übrigen eine gesetzliche Vorgabe ist. Und wenn ja, dann sind die Überschüsse eher überschaubar und wenn wir ehrlich sind, an sich deutlich zu gering. Der geplante Überschuss für das Jahr 2024 lag bei 166.000 Euro, was sich womöglich noch um 110.000 Euro verbessern könnte. Das bleibt aber abzuwarten. Denn unsere Liquidität, also die eigene Finanzkraft, wird letztlich aus dem Überschuss des Ergebnishaushaltes und den erwirtschafteten Abschreibungen gespeist.
Für das Jahr 2025 rechnen wir mit einem Haushaltsvolumen von 27,6 Mio. Euro. Eine Summe die wir bislang noch nie erreicht haben. Trotz der ausbleibenden Steuereinnahmen kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich die Ertragslage in den letzten Jahren durchaus positiv entwickelt hat. Leider, und das ist das bedauerliche, sind die Aufwendungen in gleichem Maße und noch etwas mehr gestiegen, weshalb wir im Jahr 2025 mit einem negativen Ergebnis in Höhe von den genannten 537.000 Euro rechnen müssen. Gott sei Dank können wir auf eine aus den Vorjahren vorhandene Ergebnisrücklage, also die Summe aller Überschüsse seit Einführung des neuen Haushaltsrechtes, in Höhe von ca. 4,4 Mio. Euro zurückgreifen, um diesen Verlust auszugleichen. Die Ergebnisrücklage, der Begriff täuscht aufgrund der Begrifflichkeit „Rücklage“ etwas, ist jedoch eher eine buchhalterische Größe, die in unserem Fall lediglich noch mit etwa 70 % Liquidität hinterlegt ist, die sich zu Beginn des Jahres 2025 auf rund 3,6 Mio. Euro beläuft.
Was macht uns zu schaffen? Natürlich die rückläufigen Zahlungen aus dem Finanzausgleich und die gestiegenen Umlagen, welche wir bezahlen müssen. Insgesamt liegen die Umlagen, welche wir bezahlen müssen, um eine halbe Million über den Zuweisungen. Allein die Kreisumlage an den Bodenseekreis steigt nächstes Jahr voraussichtlich auf 2,3 Mio. Euro an. Das sind rund 400.000 Euro mehr als noch im Jahr 2024. Aufgrund des sehr guten Haushaltsjahres 2023 haben wir eine hohe Steuerkraftsumme, die maßgeblich durch die Gewerbesteuer beeinflusst wird. Aber auch die Finanzausgleichsumlage ist annähernd 200.000 Euro höher als im Jahr zuvor.
Weiterhin stellen uns die hohen Tarifabschlüsse des TVöD und seiner Sonderverträge der jüngsten Vergangenheit durchaus vor finanzielle Herausforderungen. Seien es die Inflationsausgleichszahlungen oder die Tariferhöhung seit dem Jahr 2023. Waren es im Haushaltsplan 2023 noch Personalkosten in Höhe von 3,7 Mio. Euro, standen dieses Jahr 4,2 Mio. Euro zu Buche. Für das Jahr 2025 müssen wir nochmals mit Erhöhungen rechnen, welche die Kosten für unser Personal auf rund 4,56 Mio. Euro ansteigen lassen. Es sind aber nicht nur die Tarifsteigerungen, sondern auch gewisse Personalmehrung im Bereich der neuen Naturgruppe, der Hausmeisterei und des Bauhofs, obgleich wir mit den Stellenbesetzungen im Bauhof durchaus unsere Probleme haben. Das heißt jedoch nicht, dass wir zu viel Personal hätten. Im Quervergleich mit ähnlich großen Gemeinden des Bodenseekreises sind wir im Hinblick auf die Personalausstattung durchaus noch zurückhaltend. Darüber hinaus sind es auch Sanierungsmaßnahmen, aktuell insbesondere im Bereich der Sanierung von Kanälen im Rahmen der Eigenkontrollverordnung, die den Ergebnishaushalt ganz wesentlich belasten.
Die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden könnte also wahrlich besser sein. Doch angesichts der vielen Probleme auf Bundes- und Landesebene geraten die Probleme von Kommunen immer mehr aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Dabei betrifft das, was in den Städten und Gemeinden passiert, die Bürgerinnen und Bürger ganz direkt. Denn in den Kommunen spielt das Leben, in ihnen erweist sich, wie gut das gesellschaftliche Miteinander funktioniert, sie bilden die Basis für unsere Demokratie. Wenn etwas systemrelevant ist, wie es ja heute immer schnell heißt, dann sind es die Kommunen.
Doch wie sieht die Realität aus? Immer mehr Aufgaben werden uns vom Bund oder dem Land zugeteilt, doch bei ihrer Lösung werden wir allein gelassen. Es geht um wichtige Aufgaben – das ist nicht der Punkt. Selbstverständlich brauchen wir barrierefreie öffentliche Gebäude und Einrichtungen, selbstverständlich sollten wir eine ausreichende Anzahl von Kitaplätzen auch für unter Dreijährige anbieten können und natürlich macht eine Ganztagsbetreuung an unserer Grundschule ab dem Jahr 2026/2027 durchaus Sinn.
Nur – und das ist der Punkt! –, um diese Aufgaben zu erfüllen, brauchen die Städte und Gemeinden auch die erforderlichen finanziellen Mittel und Fachkräfte. Und da hakt es ganz gewaltig. Wer bestellt, bezahlt – diese einfache Kaufmannsregel, im Fachjargon Konnexitätsprinzip genannt - wird im Verhältnis von Bund, Land und Kommunen immer wieder und immer öfter missachtet.
Was bedeutet diese schwierige Haushaltssituation für uns alle? Die wirtschaftliche Situation erfordert, dass wir zukünftig noch sparsamer mit unseren Mitteln umgehen müssen, als wir dies ohnehin schon in der Vergangenheit getan haben. Im Rahmen der Personalversammlung bzw. der Jahresabschlussfeier unserer Belegschaft hatte ich bereits die Kolleginnen und Kollegen darauf hingewiesen. In den letzten Jahren hatten wir überwiegend gute Haushaltssituationen vorgefunden, weshalb wir uns auch etliches leisten konnten.
Im Hinblick auf schwierige Haushaltssituationen befinden wir uns allerdings in guter Gesellschaft. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf die angespannte Situation der kommunalen Haushalte in ganz Baden-Württemberg eingehen. Die Lage ist wirklich dramatisch: Rund 70 % der Kommunen können ihre Haushalte nicht mehr ausgleichen. Die finanzielle Stabilität, die das Fundament unserer Arbeit bildet, gerät zunehmend ins Wanken.
Das liegt zum einen an den bereits angesprochenen, ausbleibenden Steuereinnahmen, aber auch an den weltweiten Konflikten mit den daraus resultierenden Preissteigerungen, also die erhöhten Kosten der Energieerzeugung und sicher auch die wenig mutmachende Uneinigkeit in Berlin, die ebenfalls dazu geführt haben dürfte, dass nach Jahren des Wachstums die Steuereinnahmen zurückgehen. Diese Kostenexplosion ist für viele Kommunen kaum noch zu bewältigen, auch für uns mittelfristig nur schwerlich. Bei den Landkreisen stellt sich die Situation sogar noch dramatischer dar. Dort dürften rund 80 % keinen Haushaltsausgleich mehr erreichen. Unser Landrat, Herr Luca Wilhelm Prayon, hat mittlerweile einen Haushalt eingebracht, der trotz einer Steigerung der Kreisumlage um 3 Prozentpunkte immer noch ein Defizit, also ein negatives ordentliches Ergebnis von rund 9 Mio. Euro ausweist. Ich hoffe und gehe aber auch davon aus, dass die Diskussionen im Kreistag trotz der angespannten finanziellen Situation noch zu einer Reduzierung der Kreisumlage und somit zu einer Entlastung der Städte und Gemeinden des Bodenseekreises führen wird.
Es zeigt sich, dass wir dringend eine Reform des Finanzausgleichs und eine bessere Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder benötigen. Wir brauchen Lösungen, die es uns ermöglichen, weiterhin in die Infrastruktur, in Bildung und in die Lebensqualität unserer Gemeinde zu investieren, ohne uns dabei zu verschulden.
Ich hatte Ihnen bereits zu Beginn gesagt, dass ich eine schlechte und eine gute Nachricht habe. Die gute Nachricht ist eine nach wie vor noch auskömmliche bestehende Finanzausstattung von rund 3,6 Mio. Euro, mit der wir in das Jahr 2025 starten.
Schon deshalb kann sich unser Investitionsvolumen, welches sich letztlich auf annähernd 3,4 Mio. Euro beläuft, durchaus sehen lassen und welches trotz dessen mit einer Verringerung unserer Verschuldung einhergehen wird. Allein die Tatsache, dass wir aus Zuschüssen und Grundstückserlösen eine Einnahme von annähernd 2,0 Mio. Euro eingeplant haben zeigt auch, dass wir alle bestehenden Fördermöglichkeiten ausnutzen. Unsere Liquidität wird letztlich trotz des hohen Investitionsvolumens nur um rund eine Mio. Euro sinken, da auch aus dem Ergebnishaushalt noch ein Mittelüberschuss in Höhe von 400.000 Euro zur Verfügung steht.
Die größten Ausgabenpositionen, wie z. B. durch Umnutzung der Schulräume in Dorfgemeinschaftshausräume und die Umnutzung der Ringerhalle in eine Mehrzweckhalle in Taisersdorf, der Bau mehrerer Riesenrutschen in Hohenbodman als touristische Attraktion, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen unseres Bauhofs sowie zwei weitere barrierefreie Bushaltestellen in Owingen bringen alleine schon Kosten von rund 1,4 Mio. Euro mit sich. Die Hälfte unseres Investitionsvolumens ergibt sich also schon aufgrund dieser Maßnahmen. Darüber hinaus werden uns die Abrechnungen der energetischen Sanierung des Kinderhauses St. Nikolaus und der Radwegeverbindung zwischen Owingen und Bambergen auch im Jahr 2025 noch belasten.
Eine Auflistung der größten investiven Positionen und die dazugehörigen Kosten für das kommende Jahr:
Umnutzungen in der Ringerhalle Taisersdorf | 595.000 EUR
Energetische Sanierung des Kinderhauses St. Nikolaus (Schlusszahlung) | 355.000 EUR
Radweg- u. Wirtschaftswegebau Owingen - Bambergen | 445.000 EUR
Bau einer Riesenrutsche | 292.000 EUR
Erschließung Sandgasse Hohenbodman (30% der Kosten) | 235.000 EUR
Ersatzbeschaffung für den MAN des Bauhofs incl. Zubehör | 228.000 EUR
Umschluss der Kläranlage Billafingen (1. Teilzahlungen) | 176.500 EUR
Schaffung barrierefreier Bushaltestellen in Owingen | 143.000 EUR
Umsetzung Schulwegeplan | 125.000 EUR
Überdachung und Erweiterung von Außenboxen beim Bauhof | 115.000 EUR
Umbindung des Hochbehälters Hasenbühl | 115.000 EUR
Sanierung / Ausbau der Straße Im Winkel Taisersdorf | 100.000 EUR
Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht verkennen, dass unsere Liquidität, also unsere finanzielle Rücklage, sukzessive zurückgeht und wir uns verdeutlichen müssen, dass wir in der Vergangenheit viele Investitionen über gewisse Sondereffekte, wie zum Beispiel Grundstückserlöse, finanziert haben.
Meine Damen und Herren,
liebe Gemeinderäte,
es bleibt also spannend, wie sich die Haushalte in Zukunft entwickeln. Ich bedanke ich mich bei Herrn Kämmerer Widenhorn und seinem Team für die Erstellung dieses Haushaltsplans sowie bei allen Amtsleiter für das zusammentragen dieses Zahlenwerks.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ihr Henrik Wengert
Bürgermeister